Eine Hauptstadt, die viel Staub hat…
Gerade erst die Abenteuerfahrt in Ghanas Hauptstadt überlebt, mussten wir uns schon der nächsten Bewährungsprobe stellen. Der Taxifahrer setzte uns vor der sagenumwobenen Accra Mall ab. Sagenumwoben deshalb, da diesem Einkaufszentrum nachgesagt wird, es erfülle sämtliche europäische Standards – leider wahr!
Nachdem die anfängliche Freude über saubere, wohlig duftende Damentoiletten allmählich verflogen war, wurde uns bewusst, an was für einen Ort wir uns befanden. Große helle Gänge führten uns zu ghanaischen Jugendlichen, die weder in Twi, noch in gutem Englisch miteinander redeten. Teure Preise, Glitzer und übertriebene MakeUps leuchteten uns von überall entgegen. Überall traf man auf Weiße, die ihre Haare begeistert wie Afrikaner trugen und umgekehrt auf Ghanaer, die offensichtlich den westlichen Stil komplett kopierten. Wir wussten überhaupt nicht, was wir mit dieser Facette Ghanas anfangen sollten. Also kauften wir uns erstmal Kekse und 2 superleckere, brainfreezing Smoothies. Dann setzten wir uns, noch etwas überrumpelt, auf eine Bank, die wie eine Bank im OEZ aussah. Und beobachteten mit einigem Argwohn die Teenager, die sich wie Teenager in Deutschland benahmen (Rudelbildung, Flirtalarm, Gekicher…). Wir nahmen die Gerüche der Fast – Food – Restaurants wahr, die wir auch in München wahrnehmen. Die Offenheit und das vertraute Akwaaba, das breite Lächeln der Ghanaer dazu, bewundernswerte, bunte Stoffe, die auf schwarzer Haut einfach toll aussehen und den verführerische Geruch von RedRed oder gebratenem Tapila wird man hier niemals finden. Die Menschen sitzen mit ihren Handys und Laptops an den Tischen im Foodcourt und mampfen Fertigpizza und Burger wie bei uns. Doch endlich entdeckten wir ein kleines Detail, das uns versicherte, immer noch auf afrikanischem, nicht europäischem Boden zu sein. Denn wie Afrikaner, egal wie „europeanized“ auch immer, essen, wird sie immer von uns unterscheiden (abgesehen von diesem kleinen Detail, das sich Hautfarbe nennt…): sie essen mit den Fingern, und zwar alles. Bei McDonalds verwenden wir zwar auch nicht unbedingt Besteck, doch habt ihr schon mal in Europa jemanden das Eis mit dem Finger essen gesehen?! Klingt komisch, sieht witzig aus und ist definitiv afrikanisch J
Trotz dieser Entdeckung, wollten wir dem famosen Gebäude einfach nur wieder den Rücken kehren und ab ins Hotel. Unser persönlicher Abholsservice stand schon zu unsren Diensten. Ein Freund aus dem OPD, Prince, und sein Bruder, Fifi-Kofi, brachten uns freundlicherweise von der befremdlichen Mall in unser Hotel. Ihre Fahrdienste endeten jedoch erst später am Abend, als auch die 3 italienischen Physios – Claudia, Elisabetta und Matheo – heil in ihren Zimmern angekommen waren. Die lustige Gruppe war nun komplett. Unser gemeinsames Wochenende konnte beginnen…
Den Samstag wollen wir in 2 Kategorien einteilen.
Was nicht lustig war:
- das Verkehrschaos in Accra: uns wurde gesagt, dass es in Accra mehr Autos gäbe, als Einwohner im Land. Das klingt gewagt, doch nachdem wir am Samstagmorgen mit dem Bus 2,5 Stunden vom Hotel ins Zentrum gebraucht haben, waren wir gerne bereit, dies zu glauben – auch wenn wir während der Fahrt die Autos nicht mitgezählt haben ;-)
- die unglaubliche Hitze: während man in Koforidua gerne mal von dem ein oder anderen Platzregen überrascht wird, bleibt dieses durchaus gewöhnliche Naturschauspiel ein seltenes Phänomen in der Hauptstadt und der ganzen Greater Accra Region. Anscheinend bietet hier das Meer so viel Wasser, dass Regen nicht mehr notwendig ist. Schade, dass Meerwasser nur dann abkühlt, wenn man sich im Bikini präsentiert und eine Runde schwimmen geht. Dazu hatten wir jedoch weder Zeit noch Lust, denn Accras Strände laden noch weniger zum Baden ein, als ein Pool ohne Wasser! Deshalb hieß es schlicht und ergreifend weiterlaufen, trinken, Foto machen, schwitzen, weiterlaufen, trinken… Bei solchen Temperaturen und v.a. auch solchen Gerüchen, die einem in der nicht ganz so sauberen Stadt um die Nase wehen, war man dann um jede Sehenswürdigkeit, die man aufspüren konnte, froh.
Hier unsre Ausbeute:
Independence Square
Wenn man den grossen Platz ueberquert und hinter sich gelassen hat, kommt man direkt zum Strand.
Makola Market-nichts für Menschen mit Klaustrophobie
Zudem muss man sich vor jähzornigen Marktweibern in Acht nehmen, die so gar nicht gut Freund mit Kameras sein wollen…
Souvenir Market
Eigentliches Highlight waren nicht die kunstvoll gearbeiteten Statuen, Trommeln und Masken, sondern deren Verkäufer :-) Ein Chiller nach dem anderen mit sehr ausgefallenem Lifestyle!
-die fehlende Ästhetik: wir haben alle vergeblich nach etwas Schönem gesucht. Das wir in Afrika nicht auf Jugendstil oder barocke Baukunst stoßen werden, war natürlich klar. Doch selbst in Koforidua kann man sich an manch alten, hübschen Bauten aus der Kolonialzeit erfreuen, wenn man gemütlich die Hauptstraße entlang schlendert. In Accra kann man weder gemütlich schlendern, noch schöne Häuser sichten. Eindruck hinterließen daher allein der Independence Square und das Kwame Nkrumah – Museum (erinnert ihr euch an diesen Namen? S. Welcome to Dobi Princess and have a nice day…)!
Was schon lustig war:
- wenn man frei von jeglichen Platz – oder Berührungsängsten ist, ist der Makola Market ein wahres Erlebnis. Hier muss man hin, wenn man etwas kaufen will. Sowohl Größe, als auch Anzahl an „Ständen“ legen nämlich nahe, dass man hier wirklich alles kriegt, was man braucht – wer suchet, der findet! Allerdings mussten wir beim Herumstöbern höllisch aufpassen, uns nicht in dem Gewusel von Verkäufern, Kindern, Arbeitern und einfach ganz ganz vielen Ghanaern zu verlieren. Dabei war es hilfreich, dass 4 von uns ein wenig aus der Menge herausstachen, Steffi wiederzufinden war nie ein Problem ;-)
- die gemeinsamen Abende: Steffi und ich haben hier den Spaß unseres Lebens mit den supernetten, witzigen Italienern und den superlustigen, freundlichen Ghanaern. Leider reisen Claudia und Elisabetta schon nächste Woche wieder ab, da im Laufe des Projekts, für das sie im Krankenhaus arbeiten, alle 3 Wochen neue Physiotherapeuten kommen. Zum Glück bleibt Matheo insgesamt 6 Wochen ;-) Samstagabend konnten wir zusammen die Anstrengungen der Stadtbesichtigung bei einem kühlen Star und ein wenig Cocoa-Likör hinter uns lassen. Die Restaurant – Bar befand sich auf einer Dachterrasse und bot neben der tollen Aussicht auf Accras Lichtermeer zudem richtig gute Musik – Highlife, AfroPop, African HipHop und Reggae!
- das Freundschaftsspiel im Accra Stadium, bei dem Sonntagnachmittag die Black Stars (so werden hier die Nationalspieler genannt) gegen eine Reihe von bekannten Musikern und Prominenten spielten: einmal im Jahr eine wahre Gaudi! Dass die Ghanaer alle total verrückt nach Fußball sind, haben wir bestimmt schon mal erwähnt. Desto mehr haben wir uns gefreut, als wir nach dem Pfingstgottesdienst die Chance bekamen, diese Euphorie selbst einmal mitzuerleben. Es war toll! Billige Tickets und Bombenstimmung J Schon nach den ersten 10 Minuten war uns klar, dass alle 22 Spieler auf dem Platz nicht weniger Spaß an dem Spiel hatten, als die Zuschauer auf den Rängen. In der Pause nach der ersten Halbzeit sorgten die Musiker weiterhin für Stimmung, indem sie eine Art Live Konzert hinlegten – das ganze Stadion tanzte und trällerte mit! Als in der zweiten Halbzeit ein bekannter Komiker, Funny Face, eingewechselt wurde, artete das ganze Spiel in eine einzige große Show aus. Ihr könnt uns glauben, so köstlich haben wir uns bei einem Fußballspiel noch nie amüsiert. Nach 90 Minuten Unterhaltung pur hatten die Black Stars 6, die Musiker immerhin 1 Tor ergattert.
- der Gottesdienst am Pfingstsonntag: dieser ist uns zwar nicht gerade lustig, dafür sehr nachhaltig im Gedächtnis geblieben. Wieso, das erfahrt ihr im nächsten Post! Also dran bleiben, nicht umschalten ;-)
J&S
Hallo - bei uns war auch Fußball - auch nicht ausverkauft - aber voller als auf euren Accra-Bildern! Die deutschen Frauen haben 2:1 gegen Kanada gewonnen, und die Japanerinnen, die ihrem Land Hoffnung erspielen wollen, haben auch gesiegt.
AntwortenLöschenWo waren denn bei euch die Zuschauer? Waren die Tickets doch zu teuer?
Die Markt-Bilder sind Klasse!! glg a