Hey, I put some new shoes on, and suddenly everything‘s right…
Mit Elan und neuen Schuhen starteten wir also in den nächsten Morgen! Am Frühstückstisch ahnten wir jedoch noch nicht, was uns dieser Tag an unvergesslichen Momenten bringen würde…
Zunächst checkte unsere lustige Truppe gutgelaunt im Hotel aus, dann ging’s im Gänsemarsch flotti karotti Richtung Cultural Center. Auf dem Weg noch schnell ein paar saftige, frische Ananas verputzt – der Tag fing schon mal gut an!
In Kumasis „Kulturzentrum“ wurde er noch besser. Denn dieser Ort hält, was er verspricht! Seine zugrundeliegende Idee war es, den Besuchern die vielseitigen Aspekte der ghanaischen Kultur näher zu bringen. Während Kinder in Deutschland nur alle 2 Jahre die große Stadt München einmal in mini erleben können, wird hier das ganze Jahr über ein ganzes Land in einem Mikrokosmos vorgestellt – 365 Tage „Mini-Ghana“! Dabei sind die Parallelen des Konzepts zu „Mini-München“ erstaunlich: über das gesamte Areal sind kleine Werkstätten verstreut, die die verschiedenen Kunstrichtungen wie Tanz und Gesang, Malerei, Webkunst, Töpferei und Schnitz – und Schmiedekunst vorstellen. Allein diese bieten einen hervorragenden Einblick in das ghanaische Leben und seine Traditionen. Für diejenigen, die von Ghanas Kultur einfach nicht genug kriegen können, stehen zudem eine Modell – Kakaofarm, mehrere Souvenirgeschäfte und das kleine, aber feine Prempeh – Museum stets zu Diensten.
Letzteres ist nach dem ersten Ashanti-König benannt und bietet einen wirklich guten Überblick über die ghanaischen Königshäuser und deren Traditionen. Wir waren sehr positiv überrascht, wie man auf einem so kleinen Raum so viel Geschichte und Wissenswertes unterbringen kann! Jeder Quadratzentimeter im bescheidenen Häuschen strahlte die Erhabenheit der Königsfamilien aus, die auch heute noch in den Straßen Ghanas zu spüren ist. Die Wände und die perfekt platzierten Vitrinen, Musikinstrumente und königlichen Symbole sprachen von vergangenen Zeiten, die weder Kolonialismus noch Ausbeutung kannten. Auch wenn wir an dieser Stelle leider nichts für die Augen haben – fotografieren war strengstens verboten! – können wir ein paar Happen ans Gehirn anbieten – dank unsrer netten und mindestens genauso kompetenten Museumsführerin. Nett, weil sie uns den Eintritt ermäßigte ;-) Kompetent, weil sie uns in sehr klarem Englisch eine interessante Geschichte/Information nach der anderen auftischte. Hier ein paar Einblicke in ihr Wissen, das sie so charmant mit uns geteilt hat:
- In jeder Region Ghanas herrschen bis heute verschiedene Stämme und deren Könige. Jeder Stamm wird dabei von einem anderen Tier repräsentiert: Leopard, Papagei, Affe, Falke, Stachelschwein usw. Letzteres symbolisiert die Ashanti-Völker, da es ein sehr friedliches Tier ist, jedoch durch seine Stacheln jedem gefährlich wird, der ihm zu nahe kommt. Heutzutage werden die Wurzeln jedoch zunehmend vergessen – was manchmal vielleicht gar nicht so schlecht ist, da man traditionell niemanden aus dem eigenen Stamm heiraten darf! Diese Tradition könnte spätestens dann problematisch werden, wenn sich der Affe einfach nicht mit dem Stachelschwein anfreunden mag…
- Gekleidet werden die Mitglieder der Königshäuser mit bunten, prächtigen Kleidern aus sogenanntem Kente-Stoff. Dieser ist (immer noch) äußerst teuer, da er nicht maschinell hergestellt werden kann. Die tollen Muster entstehen durch eine spezielle Knüpftechnik, die bis heute nur von Männern beherrscht wird. Bei unserem nächsten Besuch in Kumasi werden wir definitiv in einen der Werkstätten oder in den umliegenden Dörfer den Kente-Webern über die Schultern schauen! Vielleicht gönnen wir uns dann sogar ein, zwei Yard von dem tollen Stoff – heutzutage wird er zum Glück auch von „nicht-adeligen“ getragen, allerdings vorzugsweise zu Feierlichkeiten (z.B. trug Sherley auf ihrer traditionellen Hochzeit im Juni ein Kente-Kleid). Denn man muss schon sehr reich sein, wenn im Kleiderschrank die Kente-Kleider nicht ausgehen ;-)
- Für das Wohl des königlichen Hinterteils sorgt ein spezieller, hockerartiger Stuhl, der sich sehr vom europäischen Thron unterscheidet. Im Äußeren zwar schlicht und vor allem ohne Rückenlehne, geht vom ghanaischen Thron jedoch durchaus etwas Beeindruckendes aus. Dieser Eindruck rührt wahrscheinlich von der Tatsache, dass jeder König seinen eigenen Thron geschnitzt bekommt – weshalb jeder davon etwas sehr Persönliches ausstrahlt. Interessant ist auch, dass nach dem Tod des Königs der Stuhl angemalt wird und nie wieder benutzt werden darf. Er wird vielmehr in schwarz und in Ehren aufbewahrt.
- Die Ashanti-Krieger nahmen aufs Schlachtfeld eine einzigartige Waffe mit. Aus großen, runden, grünen Früchten - …?! genannt – fertigten sie leichte Trommeln, die mit Leopardenhaut überzogen wurden. BILD Fährt man mit speziellen Stöcken über das gespannte Leder, klingt es, als würde die Luft von Löwengebrüll erfüllt. In dem kleinen Museum ist uns das durchdringende Geräusch in Mark und Bein gefahren – wir konnten uns nur zu gut vorstellen, was diese „Soundeffekte“ bei den feindlichen Truppen auslösten! Auf dem Schlachtfeld vor 200 Jahren, mitten im Dschungel, bzw. in der Wildnis, hätte bestimmt der ein oder andere englische Soldat am liebsten gerufen: „Ich bin ein Brite, holt mich hier raaaaus!“
So sehr uns die Führung und das Museum an sich auch gefallen haben, müssen wir zugeben, dass uns die nette, kompetente, charmante Dame zum Schluss die größte Freude mit einem unscheinbaren Geschenk machte: sie schenkte uns eine …
…reife Kakaofrucht!
Ihr werdet euch jetzt sicherlich fragen, wie das zu unserem ersten unvergesslichen Moment werden konnte!
Ich werde es erklären :-)
Steffi und Johanna haben Hunger. Und müssen zur Abwechslung mal aufs Klo. Und schwitzen in der prallen Mittagssonne. Was tun?
1. Prince vergnügt zusehen, wie er auf den Baum klettert und die beste Frucht für uns holt.
-->Klo – Problem gelöst, da die volle Blase dabei ganz schnell in den Hintergrund tritt.
2. Im kühlen Schatten des Kakaobaums einen nie geahnten Genuss erleben, während man das milchig-weiße Fruchtfleisch von den Kernen zuzelt.
--> Glückliche Gaumen, vollere Bäuche, angenehme Kühle!
Ein wohliges Gefühl breitet sich in uns aus, was uns ein unverhofftes Lächeln ins Gesicht zaubert…
Dieses wich allerdings einer staunenden Ooooh und Aaaah-Mimik, als wir eine halbe Stunde später den Manhyia Palace erreichten. Voila, der zweite unvergessliche Moment – allerdings dauerte dieser ganze 2 Stunden an!
Auch das werde ich kurz erläutern :-)
Wir hatten das unverschämt große Glück, genau zu einem Adae-Fest nach Kumasi gereist zu sein. Dieses Fest findet nur alle 6 Wochen statt und stellt für den Ashanti-König die Gelegenheit dar, sich öffentlich in seiner vollen Pracht zu zeigen und die Huldigungen seines Volkes entgegenzunehmen. Für Touristen ist es die einzige Möglichkeit, diesen mächtigen Mann einmal live zu erleben. Für diese Gelegenheit strichen Mattheo, Fillip und Irene gerne den Ausflug zum wunderschönen Lake Bosumtwi, der eigentlich auf unsrer ToDo-Liste für Sonntag stand ;-) (Wir zwei können und werden das glücklicherweise in ein paar Wochen nachholen!)
Da standen wir also in der prallen Mittagssonne, inmitten von reichen, in Kente gehüllten Ministern des Königs, sowie dutzenden Ghanaern in wunderschönen traditionellen Gewändern. Und selbst ein paar weiße Gesichter anderer Ubrunis, die dieses Ereignis ebenso wenig verpassen wollten wie wir, tauchten in der schwarz-bunten Menge auf. Im Innenhof des eher bescheidenen „Palasts“ konnten wir nun vieles von dem, was wir im Prempeh-Museum über die Kultur der Ashantis gelernt hatten, am eigenen Leib miterleben – ein tolles Erlebnis! Umhüllt von den Gesängen und der Musik waren wir zunächst nur damit beschäftigt, die Gewänder und den prächtigen Schmuck des königlichen Gefolges zu bestaunen und zu fotografieren. Zwischendurch galt unsere Aufmerksamkeit jedoch voll und ganz einem Priester, der ungeachtet der Hitze unablässig seinen traditionellen Kriegstanz vorführte, welcher zum Teil durchaus furchteinflößende Bewegungen beinhaltete und dem alten Mann den Schweiß in Strömen übers Gesicht laufen ließ.
Er hörte jedoch erst zu tanzen auf, als die ersten Mitglieder der königlichen Eskorte den Innenhof betraten und somit die Ankunft von Otumfuo Nana Osei Tutu II. ankündigten. Dieser Auftritt toppte jeden öffentlichen der europäischen Königsfamilien, selbst die Traumhochzeit von William und Kate!
Trommeln wurden geschlagen, mit Leoparden – und Kuhfell bezogene Hörner geblasen, die traditionellen Schilde der Krieger über den Köpfen gedreht und in den Himmel geworfen. Gefolgt wurde dieses bunte Treiben von den königlichen Insignien der Macht, dem besagten Thron und allerlei interessanter Gegenstände, die wohl alle einen Zweck zu erfüllen hatten. Im Schatten der riesigen bunten, samtenen Schirme trat dann endlich der König in Erscheinung. Von diesem freundlich lächelnden Mann ging eine unglaubliche Ruhe aus. Und während er erhaben an uns vorbeischritt, konnten wir nicht umhin, ihn tief in unsren Herzen so sehr zu schätzen, wie es seine ghanaischen Untertanen tun…
J&S
Liebes Cousinchen!
AntwortenLöschenHier neuer Lesestoff, und entschuldige bitte die Verspätung ;-)
Küsse aus dem fernen Afrika
Vielen Dank! Verspätung wird natürlich entschuldigt, schließlich musste der Text einen langen Weg zurücklegen ;)
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