Cape Coast – ein Kap der guten Hoffnung?
Guter Hoffnung waren zumindest Steffi und ich, als wir ins TroTro Richtung Süden stiegen: wir hofften, damit dem koforiduischen Regen 10 Tage lang entfliehen zu können. Unsre Flucht in die Sonne wusste jener allerdings fast zu verhindern. Denn nachdem der Himmel literweise Wasser auf dieses Fleckchen Erde geschickt hatte, waren die ghanaischen Straßen zum Teil praktisch unbefahrbar. Unsere Urlaubsreise entpuppte sich also als eine weitere unvergessliche TroTro-Fahrt – und wir müssen mittlerweile wirklich sagen:
WIR LIEBEN TROTRO FAHREN :-)
Was man da alles geboten kriegt! Deswegen decken wir uns auch bevor der „Film“ losgeht mit allerlei Leckereien wie deftige meat pies, leckere Herzkuchen und Windbeutel à la Afrika ein. Danach muss nur noch aus dem Fenster geguckt und genossen werden ;-) Diesmal hatten sie unter anderen 2 Flussüberquerungen im petto, weswegen wir sehr froh waren, dass TroTros anscheinend auch schwimmen können, wenn die Situation dies erfordert. Nach 5,5 Stunden war das Spektakel schließlich vorbei und wir in Cape Coast.
Blöderweise war es uns nicht gelungen, das schlechte Wetter aus Koforidua abzuhängen. Und auch die Leute von dort wurden wir nicht so schnell los! Max, ein Berliner Freiwilliger, den wir aus dem Vodafone House (unserem Stamm-Internetcafé) kennen, verbrachte mit seinem besten Freund Jean-Marc eine Nacht im gleichen Guesthouse. Da bot es sich natürlich an, den Tag gemeinsam bei einem Alvaro und vielen Brownies auf dem Dach unseres Hotels ausklingen zu lassen. Der nächste Morgen brachte uns zwar immer noch keinen Sonnenschein, dafür jedoch einen Super-Start in unseren Urlaub.
Während sich unsre zwei deutschen Freunde im 3 Stunden entfernten Bonsua auf die Suche nach der Sonne machten, zogen wir in Richtung Cape Coast Castle los, wo wir zwar keine Sonne, aber immerhin ein großes Stück Geschichte fanden.
Uns war beiden vor dem Besuch dieser Sklavenburg nicht bewusst, was für eine große Rolle Ghana in der Geschichte des Sklavenhandels spielte! Über Ghanas Küstenstädte wurde beinahe der gesamte westafrikanische Sklavenhandel abgewickelt. Aus diesem Grund kann man als Tourist an der ghanaischen Küste sozusagen Castle-Hopping betreiben – eine Burg nach der anderen. Während sich das Äußere der Bauten dabei durchaus unterscheidet, bleiben die traurigen Geschichten, die sich damals dort abspielten, stets dieselben:
Männer und Frauen wurden getrennt zu hunderten in winzige Kerker gepfercht, wo sie bis zu 2 Monate auf ein Schiff warten mussten. Rund 60 Millionen Afrikaner gerieten während der der Zeit des Sklavenhandels in Ghana vom Regen in die Traufe:
Zunächst wurden die stärksten und kräftigsten Männer und Frauen aus ihren Familien gerissen. Der Schmerz darüber wurde jedoch in den dunklen, engen Kerkern von erdrückendem Gestank und unmenschlichen Bedingungen verdrängt. Überstand man die Überbrückungszeit in den Burgen, wartete auf der anderen Seite der
Door Of No Return ein noch schlimmeres Übel: das Übersetzen in die Karibik, nach Amerika oder Europa. Unzählige starben aufgrund der unerträglichen Umstände, für die Überlebenden ging es nach der Reise weiter bergab. Sie waren angekommen, lebend. Nun mussten sie schuften, bis zu ihrem Tod.
Ihr könnt euch vorstellen, dass sich nach der Führung durch die Burg leise ein bedrückendes Gefühl auf unsere Gemüter legte. Doch so sehr uns dieses traurige Schicksal so vieler Afrikaner berührte, bemühten wir uns, auch die positive Entwicklung der Gegenwart zu berücksichtigen. Wir bemerkten sehr wohl, dass in den Küstenstädtchen in den Burgen sehr gute Aufarbeitungsarbeit geleistet wird. Wie auch in Deutschland bezüglich des Dritten Reichs will man hier das Augenmerk auf die Gegenwart und Zukunft zu lenken, das Erbe aufrecht erhalten, um eine Wiederholung der Geschichte zu verhindern. Zudem öffnet Ghana seine Türen weit für alle, die sich auf die Suche nach ihren afrikanischen Wurzeln begeben. Auf diesem Weg kehrte auch Amerikas First Lady Michelle Obama 2009 nach Ghana zurück. Doch im Gegensatz zu ihren Vorfahren fand sie eine
Door Of Return vor, hinter der keine Sklavenschiffe, sondern ein Land wartet, das jeden herzlich willkommen und zuhause heißt, der hier seine Wurzeln finden will.
Während wir also durch die sonnigen Straßen liefen, hier bunte Stoffe, dort frisch geräucherten Fisch kauften und schließlich die heiße afrikanische Sonne weiter am Strand genossen, nickten wir uns lächelnd zu:
Ja, Cape Coast ist ein Kap der guten Hoffnung! Ein historischer Ort, der Menschen mit afrikanischem Hintergrund ebenso anzieht wie Touristen aus aller Welt.
Und mit diesem guten Gefühl schliefen wir selig ein. In unserem Doppelzimmer für 5 € die Nacht.
Mun deye!
J&S